Liebe Studenten,


was ich mich des Öfteren frage ist, was euch die Umwelt – insbesondere wir hier an der Uni – getan hat, dass ihr sie so straft.

Ihr straft sie mit Texten, die vor Fehlern nur so strotzen, mit einer sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, mit der man durch jeden Einbürgerungstest fallen würde und damit, dass ihr damit eure absolute Missachtung des Lesers zum Ausdruck bringt.

(Ja, ich bin gerade bei der Korrektur von Seminararbeiten. Warum? Ach so? Man könne dies zwischen den Zeilen lesen? Wie bedauerlich!)

Nichts gegen einen Tippfehler, ich mache auch welche (Gerade in Mails, die ich vom Smartphone aus beantworte, kann sich durch die Softtastatur mal ein Fehler einschleichen). Ein falscher Bezug in einem Satz? Kein Problem, kann passieren, im besten Fall ist es einen Lacher wert.

Wo der Spaß und das Verständnis aber absolut aufhören ist, wenn man Texte lesen muss, die einem 6-zeiligen Absatz mehr als 10 Rechtschreib- und Grammatikfehler haben. Und das nicht nur einmal. Und nicht nur bei einem einzelnen Studenten. Das zieht sich durch die Semester und wird meinem Gefühl nach immer mehr.

Nein, ich spreche nicht von Leuten, die eine (diagnostizierte) Rechtschreibschwäche haben. Diese Fehler erkenne ich inzwischen. Wobei genau diese Personen häufig das beste Deutsch schreiben – eben weil sie um ihre Schwäche wissen und an sich arbeiten.

Ich spreche von denen, bei denen ich mich frage, wie sie das Abitur erhalten haben. Leider darf – außer in Deutsch – im Gymnasium in der Regel die Rechtschreibung nicht mehr in die Bewertung einbezogen werden. So geht dann die Motivation verloren, die Fähigkeit zu trainieren, fehlerloses Deutsch zu schreiben. Und das merkt man.

Jetzt hat aber jede Textverarbeitung eine Rechtschreibkontrolle, die zumindest die reinen Tippfehler erkennen könnte. Aber irgendwie schaffen diese Studenten es, diese roten Markierungen zu ignorieren.

„Sagen Sie mal, Frau Müller, haben Sie nicht mal die Rechtschreibkontrolle über den Text laufen lassen?“

„Doch, aber der hat nichts von dem angezeigt, was Sie hier angestrichen haben, nur die Abkürzung ‚Lr‘ wurde markiert …“

Oder

„Herr Maier, wenn Sie Probleme in Deutsch haben, warum haben Sie sich denn nicht an uns gewandt, wir hätten Ihnen ja Hilfestellungen geben können!“

„Was heißt hier, ich habe Probleme mit Deutsch? Das hat mir noch nie jemand gesagt, die fanden alle meine Seminararbeiten gut, und in der Schule war isch auch gut in Aufsätzen, wissen’se …“ 

Sic. *seufz*

Leute, bei aller Liebe, DAS KANN NICHT SEIN!

Ich finde es eine absolute Frechheit, so etwas als fertige Arbeit abzugeben.

Ich warte jetzt nur auf diejenigen, die nach unserem Urlaub hier aufschlagen werden, und sich über die Benotung und unsere Anmerkungen an den Arbeiten beschweren werden. Eigentlich sollten sie diese Woche kommen, wir haben gerade alle eh eine Stinkwut (wir haben uns die Arbeiten aufgeteilt, und bisher hatte jeder am Lehrstuhl mindestens eine Arbeit, die sprachlich nicht einmal Hauptschul-Nivoo hatte. Von den Inhalten reden wir an dieser Stelle gar nicht.

Wenn mein Chef deswegen die Studis rund macht, DAS will was heißen (meist bin ich da empfindlicher und kniefieseliger als er) …

Ach, ihr wollt Kostproben? Bitteschön.

Dieses Verknüpft die Vorherigen Tema mit der heutigen und schafft somit eine guten Zusammenhang zwischen diesen.“

Größerer Kabitel bildet lediglich eine Erweiterung, die durch leistungsstarke

Teilnemer bereits in dieser Phasse erfolgen kann.“

(ja, die Umbrüche sind auch im Original)

Durch diese Persönlich Stellungnahme zu dem Thema wird eine andere Bindung hergestellt und es Vereinfacht das thema wiederzugeben. Des weiteren ist der Schwierigkeitsgrad sehr gering da jeder sich Identifizieren kann .“

„Wir schreiben also die wichtigen Stichpunkte raus ,das wir die Erleuterung kriegen .“

„Das Problem ist überall an zu treffen es,   gibt … Möglichkeiten  damit um zu gehen.“

Und über Sachen wie „Einzüge per Leerzeichen“, „Seitenumbrüche durch Leerzeilen“ oder „Bindestriche anstatt Aufzählungszeichen“ rede ich an dieser Stelle gar nicht. Oder Seitennummern, die händisch auf jede Seite geschrieben werden. Oder Tabulatortabellen mit vielen Standardtabs. Oder …. *seufz*

Ich glaub ich geh heim und lese morgen weiter.

17 Gedanken zu „Liebe Studenten,

    • Mit dem Volksschüler ist das wie mit den Blondinen – bei denen gibt es welche, die sind innerlich blond (und blöd), dann gibt es Frauen mit blondem Haar …

      Die Frau, die bei mir früher genau auf die Rechtschreibung achtete, war meine Mutter – auch „nur“ Volksschule… 🙂

  1. „Leider darf – außer in Deutsch – im Gymnasium in der Regel die Rechtschreibung nicht mehr in die Bewertung einbezogen werden.“
    WTF??? Das denkst du dir aus! Das kann gar nicht wahr sein!
    Sagdassdasnichwahris! 😥

    (erklärt aber einiges)

    • Mir wurde schon im 3. Schuljahr jeder Rechtschreibfehler gnadenlos angestrichen. Und jedes falsch geschriebene Wort mussten wir zehn mal wiederholen. Dies wurde auch kontrolliert… „Bitte jetzt Verbesserungen abgeben!“.

      Komische „Schulreform“.

    • Das war mir jetzt auch neu, aber ich traue das der Kultusbürokratie schon zu, was mich allerdings tieftraurig stimmen würde.

      Ach ja, die Auseinanderschreibungen (aus ein an der Schreibungen ?) sind, glaube ich, jetzt erlaubt. 😉

      • Nicht alle Aus ein ander Schreibungen …

        Und ich weiß nicht, ob das mit der Bewertung der Rechtschreibung in allen Bundesländern so ist, in meinem Herkunftsbundesland in jedem Fall – als ich das dort von einem Gymnasiallehrer vor wenigen Jahren das erste Mal hörte, blieb mir auch der Mund offen stehen.

        Und Turtle, in der Grundschule sieht es vermutlich überall ähnlich aus.

  2. Langsam verstehe ich so einiges… ich habe mich als Student (was ich auch aktuell noch bin) oft darüber gewundert, dass meine Seminararbeiten so gut bewertet wurden. Im Wissen es eigentlich noch weitaus besser zu können, hatte ich mich schon das eine odere andere Mal mit einer mäßige Note abgefunden und dann zu meiner Verwunderung doch eine exzellente Bewertung erhalten. Aber wenn das hier der Vergleichsmaßstab ist…

    • So ging es mir während meines eigenen Studiums auch … 😉 Was mich auch immer verwunderte, dass alle meinen Schreibstil lobten.
      Aber seit ich sozusagen die Seiten gewechselt habe, sehe ich ja die ganze Bandbreite der Abgaben und wurde dabei auch ganz gut desillusioniert.

      Natürlich waren auch diesmal ein paar gute bis sehr gute Arbeiten dabei, einiges durchschnittliches – aber halt auch eine steigende Anzahl solcher „Kracher“, was wir alle für absolut bedenklich halten 😦

      Und ja, so was ist der untere Abschluss der Spanne. Geht es noch tiefer, müssen wir Löcher schaufeln – zum Beerdigen des Sprachniveaus.

  3. Ich will auch mal eine Erleuchtung durch Erleuterungen kriegen! Kann mir bitte dafür jemand die Stichpunkte rausschreiben? 😀
    Bloß gut für die geschundenen Assistentenseelen, dass es im Pharmaziestudium hauptsächlich um Datenauswertungen in endlosen Exel-Tabellen, verarbeitet zu unübersichtlichen Diagrammen geht…

Bitte, du hast das Wort!